
Livebericht:
Drei Wochen Ferienlager im
Diabetiker-Jugendhaus-Hinrichssegen
Nina Fischer - Dederra
Nach meiner Ankunft in HINRICHSSEGEN zeigte mir eine sehr nette Betreuerin mein Zimmer,
in dem schon zwei andere, jüngere, Mädchen waren. Diese machten sofort einen Rundgang
durch das Haus mit mir und zeigten mir die Sportplätze. Danach gab es erst einmal einen
etwas schmerzensreichen Abschied von meiner Mutter.
Nachmittags unternahmen wir dann sogleich einen Ausflug ins Jenbachtal, das von einem
kleinen, aber schnellen und kalten Gebirgsbach aus dem Wendelsteingebirge kommend,
durchzogen wird.
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Hier gab es viel Spaß beim Spielen am und im Wasser; zwei von uns hatten
sogar ein unfreiwilliges Bad genommen. Abends gab es dann einen richtig großen
Begrüßungsabend mit Lagerfeuer, Singen, Ansprachen und allem Drum und Dran. |
Vom Doktor hatte ich ein CamitR - Tagebuch für den Computer - bekommen, weil mein
Stoffwechsel noch nicht ganz befriedigend verlief und das HBA1 noch besser sein konnte.
Hier waren tägliche Eintragungen wie bei einem Taschenrechner zu machen und Dr.
Zimmermann wollte das Ergebnis anschließend mit mir auswerten.
Am dritten Tag gingen wir zum Feuerwehrfest nach Bad Aibling. Dort war eine Reihe
Spiele aufgebaut. Als Belohnung dafür, dass ich zwei davon gewonnen hatte, durfte ich mit
zwei Jungen aus der Gruppe der Älteren 20 Meter die Feuerwehrleiter hinauffahren. Das war
schön, aber ich hatte schon ein bisschen Angst. Am Montag, dem 5. Tag meines
Aufenthaltes, machten wir einen Ausflug ins Heimatmuseum von Bad Aibling. Wir wurden
fachkundig durch die Räume geführt, aber Museen finde ich halt ein bisschen langweilig.
Einen Tag danach war dann das Bauernhausmuseum in Amerang an der Reihe, da war es schon
interessanter. Auf einem großen Freigelände gab es liebevoll restaurierte, alte
Bauernhäuser.
Die nächsten beiden Tage waren mit Schwimmbadbesuchen und kleinen Radtouren nach Bad
Aibling und Umgebung ausgebucht. Ein ganz tolles Erlebnis war auch die Bergtour, die wir
in der Mitte der zweiten Woche machten. Nur acht von unseren fünfzehn Gruppenmitgliedern
wagten sich daran. Am Vorabend hatte der Doktor noch mit uns die Kürzung des Insulins
besprochen und den Einsatz zusätzlicher BE.
Es ging auf den Leonhardstein. Puh, das war ganz schön steil. Zuerst ging es einen
ganz normalen Weg hinauf, der dann immer steiniger wurde. Das letzte Viertel waren sogar
richtige Felsen. Oben war es dann aber wunderschön. Unten liefen wir dann barfuss in
einem kleinen Gebirgsbach herum, weil uns die Füße vom Laufen schmerzten. Da waren dann
alle Strapazen schnell vergessen, so dass wir sogar abends noch Lust aufs Schwimmbad
hatten.
Das schönste Erlebnis der ganzen drei Wochen war aber eine fünftägige Reise nach
Salzburg. Am ersten Tag, gleich nach unserer Ankunft am wunderschön gelegenen Grabensee,
machten wir einen kleinen Erkundungsspaziergang an den See. Neben dem Haus, in dem wir
untergebracht waren, lag ein Zeltplatz, auf dem gerade sechshundert Pfadfinder lagerten.
Der Grabensee lag zu unserer Freude nur 200 Meter vom Haus entfernt und lud zum Baden ein.
Am zweiten Tag machten wir einen Ausflug in den zweieinhalb Kilometer entfernt gelegenen
Ort Mattsee, die dort gebotene Ausstellung bekamen wir jedoch nicht zu Gesicht, weil ein
paar Kleinere vorher schlapp gemacht hatten. Am dritten Tag stand ein Stadtbummel mit
Abendessen in Salzburg auf dem Programm.
Ruhig und gemächlich "bummelten" wir durch Salzburg, wir sahen den
Mirabellgarten, den "Zwergerlgarten", Mozarts Geburtshaus, über einen schmalen
Steg ging's dann über die reißende Salzach hinüber zur Altstadt. In der Getreidegasse,
der größten Touristenattraktion, konnte man sich kaum drehen und musste im Strom der
Besucher mitschwimmen, an Mozarts Wohnhaus vorbei zum Rathaus und Domplatz. Eine sehr
schöne alte Apotheke gab es noch zu sehen mit originaler Einrichtung und so schönen
alten Regalen und Gläsern. Auf dem Domplatz sah man die Pferdedroschken und vor dem Dom
war eine Tribüne für die Salzburger Festspiele "Jedermann" aufgebaut. Der Dom
ist riesig groß und die Zeit viel zu kurz, alles in sich aufzunehmen. Weiter ging's am
Schauspielhaus vorbei zur "Pferdeschwemme", dem engsten Teil Salzburgs zwischen
Berg und Salzach. Abends kehrten wir im Salzburger Brauhaus ein. Unser Doktor hatte die
Blutzuckerlisten mit in den Biergarten gebracht, wo wir unsere Blutzuckertests machten und
feststellen mussten, dass so ein Stadtbummel viel mehr Auswirkungen auf den Blutzucker
hatte, als ich das vor dem "gemütlichen" Stadtbummel bei der Mittagsspritze und
den mittäglichen BE vorausberechnet hatte. So konnte ich das Abendessen etwas reichlicher
gestalten als üblich, und der Wurstsalat mit Brötchen und Diätlimo schmeckte wirklich
gut. Nach dem Abendessen wollten wir eigentlich noch etwas am "Nachtleben"
Salzburgs teilhaben, aber ein gerade einsetzender, typischer "Schnürlregen"
machte das unmöglich. So ging es müde und satt mit vielen Eindrücken wieder zurück in
unser Quartier am Grabensee.
Am Tag nach diesem erlebnisreichen Salzburgausflug starteten wir einen zweiten Versuch,
mit schnellerem Schritt die Ausstellung der Bajuwarenhäuser in Mattsee anzusehen, was
dann auch gelang, und diesmal gab es bei richtiger Vorbereitung (mehr BE und weniger
Insulin) auch keine Unterzucker mehr.
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Schließlich war dieser Tag der sonnenreichste und
sollte sonst nur noch dem Baden und Kajakfahren im Grabensee gehören. Wir hatten viel
Spaß beim Baden; einige Mutige durchschwammen den See (über 1 km breit!), andere
versuchten, die sehr drehfreudigen Kajaks zu beherrschen, und es gab jedes Mal ein
Gejohle, wenn wieder einer mal ins Wasser fiel, was aber bei den sehr angenehmen
Badetemperaturen nicht weiter schlimm war. |
Der fünfte Tag des Salzburgausflugs stand leider bereits im Zeichen des Abschieds.
Nachdem morgens die Zimmer ausgeräumt waren und saubergemacht war, gingen wir aber
nochmals ausführlich im Grabensee schwimmen, bevor wir wieder die Heimreise nach
HINRICHSSEGEN antraten. Angesichts der wenig anstrengenden nachmittäglichen
Autofahr-Stunde hatten wir kein Insulin mehr gekürzt, was sich dann auch bei meinem
Blutzucker zeigte - er war eher hoch, trotz des Schwimmsports am Nachmittag.
Ein weiteres sehr schönes Erlebnis war ein Tagesausflug nach Augsburg. An diesem Tag
wurden wir schon um 6:15 Uhr geweckt. 6:30 Uhr war Blutzuckertesten, danach Spritzen und
um 7:10 Uhr Frühstück und 7:30 Uhr ging's schon in den Bus.
Nach eineinhalb Stunden erreichten wir Augsburg und schauten uns das wiederaufgebaute
Rathaus an. Außerdem konnte man auf einem Stadtrundgang die alten Fugger Häuser und die
Fuggerei, die älteste Sozialsiedlung der Welt, besichtigen.
Zum Mittagessen fuhren wir an den Eiskanal, um unsere mitgebrachten Leberkässemmeln zu
verzehren. Gegen den Durst gab es Diätlimo. Das Spritzen und die Blutzuckertests waren
kein Problem, da alle unsere Insuline in einem großen Koffer untergebracht waren,
einschließlich der "Pens", und überallhin mitgenommen werden konnten.
Nach dem Essen besichtigten wir die Kanu-Olympiastrecke und sahen zu, wie einige
Kanufahrer um Felsen, unter Brücken, mit oder gegen die Strömung und sogar unter Wasser
ihre Kunststückchen zeigten. Das war sehr eindrucksvoll, obwohl nur ein Teil des Kanals
geflutet war, wegen des Niedrigwassers im Lech. Anschließend gingen wir baden im
Ammersee, denn ohne Abkühlung ging's an diesem Tag nicht. Auf dem Heimweg schauten wir
uns noch die Satellitenfunkstelle in Raisting an mit den mächtigen Parabolantennen, wo
auch eine von innen zu sehen war. Das Abendessen gab's im Gasthaus, getestet haben wir auf
einer Bank auf der Wiese, dann gab's wieder die gewohnten Spritzen, und anschließend
konnten wir uns satt essen.
Mit vielen Erlebnissen "im Bauch" kehrten wir abends nach HINRICHSSEGEN
zurück, nicht ohne vorher noch im Bus ausgelassen zu singen und Späße zu machen. Es,
war sehr schön.
Am nächsten Abend gab's noch ein großes Abschlusslagerfeuer mit viel Gesang, Spielen
und Geschichten.
Am Donnerstag, 16.8.90, war Abreisetag. Der Doktor hatte mit mir noch die Auswertung
des elektronischen Tagebuchs besprochen, einen Grafikausdruck habe ich mitbekommen.
Leichte Korrekturen meines Stoffwechsels waren schon vorher vorgenommen worden, und meine
Nüchternwerte hatten sich fast normalisiert. Das HBA1, war wieder im "idealen
Bereich".
Einerseits etwas wehmütig erfolgte der Abschied von den liebgewonnenen Freunden und
Mitarbeitern in Hinrichssegen, andererseits freute ich mich auch wieder sehr auf Eltern
und Geschwister. Das waren drei wunderschöne Wochen in HINRICHSSEGEN .
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